Waldorfschule auf dem Feld

Die 2./3. Klasse hatte in diesem Frühling ihren ersten Einsatz auf dem Acker! Bauer Harry von einem Gemüseanbaubetrieb bei Wolzig begleitet die Kinder zusammen mit dem Klassenlehrer bei allen Prozessen in den kommenden Wochen. Danke für die Möglichkeit!


Der Acker war bereits vorbereitet zum Säen und die Kinder haben sich in 4er-Gruppen für die Bestellung eines Feldabschnittes zusammengetan. Die Saatgutwünsche Kinder wurden vorher abgesprochen und durften ggf. selbst mitgebracht werden.

Nach diesem ersten Kontakt mit der Feldarbeit durch das Säen kommen die Kinder regelmäßig wieder, um die weitere Saat- und Wachstumspflege zu übernehmen – zunächst in einem 14-tägigen Rhythmus, zur Hochzeit der Fruchtpflege dann wöchentlich, damit sich die Kinder adäquat mit der Arbeit verbinden können.

Im Märzen der Bauer die Rößlein einspannt.
Er pfleget und pflanzet all’ Bäume und Land.
Er ackert, er egget, er pflüget und sät,
und regt seine Hände gar früh und noch spät.

Den Rechen, den Spaten, die nimmt er zur Hand
und setzet die Wiesen in ebenen Stand;
auch pfropft er die Bäume mit edlerem Reis’
und spart weder Arbeit, noch Mühe, noch Fleiß.

Volkslied

Beispiel aus den Epochenheften der Kinder

Die Bedeutung der Ackerbau-Epoche in der Waldorfpädagogik

Tania Brandel von der freien Waldorfschule Tübingen hat auf waldorf-ideenpool.de einen schönen erklärenden Text dazu geschrieben. Hier nachzulesen.

Auszug:

„Um das neunte Lebensjahr herum findet bei den Kindern ein großer Umbruch in ihrer Entwicklung statt. Waren sie bis jetzt noch eingebettet in das Gefühl, umsorgt und geleitet zu werden, ohne etwas dafür tun zu müssen, so ändert sich dies nun. Das Kind wird hier von einem Auf­wachmoment, von einer neuen Sicht auf die Welt und auf sich selbst ergriffen. Nicht selten durchleben sie in diesem Prozess Gefühle von Trauer, Verlust und Einsamkeit.

Der Lehrplan der Waldorfschule greift diesen Entwicklungsschritt der Kinder auf, indem er sie durch entsprechende Epochen, Tätigkei­ten und Geschichten auf ihrem Weg in die Welt hinein begleitet. Das Ergreifen der Erde in all seiner Vielfalt, vom Bearbeiten des Bodens über den Bau von Behausungen bis hin zur Herstellung von Ge­brauchsgegenständen, Werkzeugen und vielem anderen mehr, was zum Leben und zur Arbeitserleichterung dient, steht jetzt im Vorder­grund allen Tuns.

Und die Kinder erleben dabei wieder einen neuen Zusammenhang zwischen sich selbst und der Welt, zwischen sich und den anderen Menschen, zwischen Himmel und Erde. Durch ihre eigenen Schöpferkräfte, die sie ab jetzt immer bewusster wahrzu­nehmen, zu schulen und einzusetzen imstande sein werden, spüren sie, dass sie doch nicht so „gottverlassen“ sind, wie sie es zeitweilig empfunden hatten.“